Jörg Widmann wurde am 19. Juni 1973 in München geboren. Er absolvierte ein Klarinettenstudium an der Hochschule für Musik in München bei Gerd Starke, später bei Charles Neidich an der Juilliard School in New York (1994-1995). Zusätzlich begann er im Alter von elf Jahren, Kompositionsunterricht bei Kay Westermann zu nehmen. Im Anschluss setzte er seine Studien bei Wilfried Hiller und Hans Werner Henze (1994-1996) sowie bei Heiner Goebbels und Wolfgang Rihm in Karlsruhe (1997-1999) fort. Als Klarinettist gilt Widmanns große Passion der Kammermusik. Er musiziert regelmäßig mit Partnern wie Daniel Barenboim, Tabea Zimmermann, Heinz Holliger, András Schiff, Kim Kashkashian und Hélène Grimaud. Aber auch als Solist in Orchesterkonzerten feiert er im In- und Ausland regelmäßig Erfolge. Kompositionskollegen widmeten Widmann mehrere Werke: 1999 brachte er im Rahmen der musica viva-Konzerte die "Musik für Klarinette und Orchester" von Wolfgang Rihm zur Uraufführung; 2006 spielte er mit dem WDR Sinfonieorchester "Cantus" von Aribert Reimann, 2009 beim Lucerne Festival die Uraufführung von Heinz Holligers "Rechant". Von 2001 bis 2015 war Jörg Widmann Professor für Klarinette an der Freiburger Hochschule für Musik und ab 2009 erhielt er hier eine zusätzliche Professur für Komposition. Seit 2017 bekleidet er einen Lehrstuhl an der Barenboim-Said-Akademie in Berlin. Widmann war von 2017 bis 2021 Chefdirigent des Irish Chamber Orchestra. 2023 wurde er Associated Conductor des Münchner Kammerorchesters sowie Erster Gastdirigent der NDR Radiophilharmonie.
Im Zentrum seines Kammermusikschaffens stehen die Streichquartette: das I. Streichquartett (1997), gefolgt vom Choralquartett (2003/2006) und dem 2003 durch das Arditti Quartett uraufgeführten Jagdquartett. 2005 wurde die Werkreihe mit dem IV. Streichquartett (uraufgeführt durch das Vogler Quartett) und dem fünften Streichquartett mit Sopran Versuch über die Fuge, (uraufgeführt von Juliane Banse und dem Artemis Quartett) komplettiert. Die fünf Streichquartette sind als großer Zyklus gedacht, jedes einzelne spürt auf neue Weise einer traditionellen Satzform nach. Das von Anne Sophie Mutter in Auftrag gegebene sechste Streichquartett Studie über Beethoven (2019) eröffnete einen zweiten fünfteiligen Quartettzyklus, der sich mit der Quartettkunst Ludwig van Beethovens auseinandersetzt. Das Artemis Quartett hob 2020 das Streichquartett Nr. 7 (Beethoven Studie II) aus der Taufe, die Beethovenstudien III (Streichquartett Nr. 8) und V (Cavatina) wurden 2022 vom Juilliard String Quartet uraufgeführt.
Für großes Orchester hat Widmann eine Trilogie über die Transformation vokaler Formen auf instrumentale Besetzungen komponiert. Sie besteht aus den Werken Lied (2003/2007), Chor (2004) und Messe (2005). Eine weitere mehrteilige Reihe bilden die Stücke Labyrinth (2005), Zweites Labyrinth (2006) und Drittes Labyrinth (2013/2014) sowie das 2022 von Håkan Hardenberger und dem Gewandhausorchester Leipzig unter Andris Nelsons uraufgeführte Trompetenkonzert Towards Paradise (Labyrinth IV). Die Stücke beziehen sich jeweils auf die mit dem Labyrinth assoziierten Erfahrungen von Raumwahrnehmung und der Suche nach Orientierung. 2007 hoben Christian Tetzlaff und die Junge Deutsche Philharmonie Widmanns Violinkonzert aus der Taufe. Im selben Jahr wurde Armonica für Orchester von Pierre Boulez und den Wiener Philharmonikern uraufgeführt: Unter Verwendung der sphärischen Klangfarben einer Glasharmonika lässt Widmann das Orchester zu einem homogen atmenden Ton- und Geräuschkörper heranwachsen. Als Hommage an Beethoven folgte Con brio, uraufgeführt durch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Mariss Jansons. In seinem Flötenkonzert Flûte en suite stellt Widmann der virtuosen Flötenstimme in acht Suitensätzen spielerisch jeweils eine Orchestergruppe entgegen. Franz Welser-Möst leitete 2011 die Uraufführung mit dem Solisten Joshua Smith und dem Cleveland Orchestra. Für den Pianisten Yefim Bronfman schrieb Widmann das Klavierkonzert Trauermarsch. Es wurde im Dezember 2014 mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Simon Rattle uraufgeführt. Im Viola Concerto, das im November 2015 vom Orchestre de Paris und dem Solisten Antoine Tamestit aus der Taufe gehoben wurde, wie auch im Violinkonzert Nr. 2 (2018) für Carolin Widmann 2018 lotet Widmann die vielfältigen Klangmöglichkeiten des Instruments auf einzigartige Weise aus.
Drei Musiktheaterprojekte weisen Widmann als außergewöhnlichen Bühnenkomponisten aus: Die Oper Das Gesicht im Spiegel wurde von der Zeitschrift Opernwelt zur bedeutendsten Uraufführung der Spielzeit 2003/04 gewählt. Am Anfang (2009) ist das Ergebnis einer in dieser Art einmaligen Zusammenarbeit zwischen einem bildenden Künstler und einem Komponisten; Widmann kreierte das Werk gemeinsam mit Anselm Kiefer und dirigierte die Uraufführung anlässlich der 20-Jahrfeier der Pariser Opéra Bastille. Sein jüngstes Musiktheaterwerk Babylon (2011/12) entstand im Auftrag der Bayerischen Staatsoper, dessen Neufassung (2019) im Auftrag der Staatsoper Unter den Linden Berlin. Widmann und der hier erstmalig als Librettist in Erscheinung tretende Peter Sloterdijk interpretieren in ihrem musikdramatischen Gesamtkunstwerk den Mythos Babylon neu.
Widmann erhielt für seine kompositorischen Leistungen zahlreiche Preise: den Belmont-Preis für zeitgenössische Musik der Forberg-Schneider-Stiftung (1998), den Schneider-Schott-Musikpreis, den Paul-Hindemith-Preis (beide 2002), den Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung, den Ehrenpreis der Münchner Opern-Festspiele (beide 2003) sowie den Arnold-Schönberg-Preis (2004). Im Jahr 2006 wurde Widmann der Kompositionspreis des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg für die bemerkenswerteste Uraufführung der Donaueschinger Musiktage sowie der Claudio-Abbado-Kompositionspreis der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker verliehen. 2009 erhielt er den Elise L. Stoeger Prize der Lincoln Center Chamber Music Society, New York, 2013 den Musikpreis des Heidelberger Frühlings und den Deutschen Musikautorenpreis der GEMA in der Kategorie Sinfonik, 2018 wurde er mit dem Robert Schumann-Preis der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz und dem Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet, 2021 mit dem Musikpreis München, 2023 den Hamburger Bach-Preis. Er ist Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin und ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, der Freien Akademie der Künste Hamburg, der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz sowie der Königlich Schwedischen Musikakademie. Er war Composer in Residence beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, beim Cleveland Orchestra, bei den Salzburger Festspielen, dem Lucerne Festival, an der Kölner Philharmonie sowie am Wiener Konzerthaus und bei den Berliner Philharmonikern.
Jörg Widmann ist einer der bemerkenswertesten und vielseitigsten Künstler seiner Generation. Von 2026 an ist er der neue Künstlerische Leiter der Lucerne Festival Academy, die seit ihrer Gründung 2004 durch Pierre Boulez eine zentrale Säule für die zeitgenössischen Musik innerhalb dieses Festivals ist. In der Saison 2025/26 ist er weltweit in all seinen Facetten als Klarinettist, Dirigent und Komponist zu erleben, unter anderem in seiner dritten Saison als Erster Gastdirigent der NDR Radiophilharmonie. Darüber hinaus ist er Associated Conductor des Münchener Kammerorchesters und Artistic Partner der Sinfonietta Riga.
Nach wichtigen Dirigaten beim Seoul Philharmonic Orchestra und Orquesta y Coro Nacionales de España führt ihn ein Schwerpunkt der Saison 2025/26 in die USA: Erstmals wird er das Cleveland Orchestra mit seiner und Mendelssohns Musik dirigieren. Zudem ist er am Pult der Sinfonieorchester von Atlanta und Detroit zu erleben. Weitere Gastdirigate führen ihn zum Oslo Philharmonic, Finnish Radio Symphony Orchestra, Orchestre Philharmonique de Radio France, Radio Filharmonisch Orkest, National Symphony Orchestra Taiwan, Budapest Festival Orchestra und zu den Bamberger Symphonikern. In seiner Eigenschaft als Associated Conductor ist er mit dem Münchener Kammerorchester auf Tournee in Südamerika.
Einen Akzent setzt im Feburar 2026 das Jörg Widmann gewidmete Klarinettenkonzert Zones of Blue von Olga Neuwirth, das er mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Sir Simon Rattle uraufführen wird. Eine weitere Facette ist die Uraufführung von Jörg Widmanns neuer Komposition Jupiter-Etüde im Rahmen des Mozartfests Würzburg im Juni 2026.
Langjährige Kammermusikpartner wie Isabelle Faust, Pierre-Laurent Aimard, Carolin Widmann und das Hagen Quartett, Signum Quartett und Amabile Quartet werden zusammen mit Jörg Widmann unter anderem in der Elbphilharmonie Hamburg, Philharmonie Essen, Muziekgebouw, Konzerthaus Wien, Auditorio Nacional de Música, Toppan Hall und dem Boulez Saal musizieren.
Bei den Donaueschinger Musiktagen 2015 brachte Widmann das Klarinettenkonzert über von Mark Andre zur Uraufführung. Weitere ihm gewidmete und für ihn geschriebene Klarinettenkonzerte sind Wolfgang Rihms Musik für Klarinette und Orchester (1999) und Aribert Reimanns Cantus (2006).
Dirigenten wie Daniel Barenboim, Daniel Harding, Kent Nagano, Franz Welser-Möst, Christian Thielemann, Iván Fischer, Andris Nelsons und Sir Simon Rattle bringen seine Musik regelmäßig zur Aufführung. Orchester wie die Wiener and Berliner Philharmoniker, New York Philharmonic, Concertgebouw Orchestra Amsterdam, Cleveland Orchestra, Orchestre de Paris, London Symphony Orchestra und viele andere haben seine Musik uraufgeführt und regelmäßig in ihrem Konzertrepertoire. In der Saison 2023/24 war Jörg Widmann Composer in Residence der Berliner Philharmoniker. Den fulminanten Abschluss der Residenz bildete die Uraufführung seines Hornkonzerts mit Stefan Dohr als Solisten und den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Sir Simon Rattle.
Ausgebildet von Gerd Starke in München und Charles Neidich an der Juilliard School New York war Jörg Widmann selbst Professor für Klarinette und Komposition an der Freiburger Musikhochschule. Seit 2017 bekleidet Widmann einen Lehrstuhl für Komposition an der Barenboim-Said Akademie Berlin. In Anerkennung seiner Verdienste um die Musik wurde er im Juni 2024 zum Mitglied der Royal Swedish Academy of Music ernannt. Er war Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin und ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, der Freien Akademie der Künste Hamburg (2007) und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (2016) und erhielt im Februar 2023 die Ehrendoktorwürde der University of Limerick, Irland. Im Juli 2025 wurde Jörg Widmann zum Präsidenten der Internationalen Max-Reger-Gesellschaft gewählt.
Komposition studierte Jörg Widmann bei Kay Westermann, Wilfried Hiller, Hans Werner Henze und Wolfgang Rihm. Sein Schaffen wurde vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem renommierten Bach-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg, wie auch mit dem Musikpreis der Landeshauptstadt München.
1973
Geboren am 19. Juni in München
ab 1984
Kompositionsunterricht bei Kay Westermann in München
ab 1986
Klarinettenstudium an der Hochschule für Musik München
1994-1995
Klarinettenstudium bei Charles Neidich an der Juilliard School New York
1994-1996
Kompositionsstudium bei Hans Werner Henze und Wilfried Hiller in München
1996
Kulturförderpreis der Landeshauptstadt München
1997
Bayerischer Staatspreis für junge Künstler
1997-1999
Kompositionsstudium bei Heiner Goebbels und Wolfgang Rihm in Karlsruhe
1998
Belmont-Preis für Zeitgenössische Musik der Forberg-Schneider-Stiftung
2001
Louis-Spohr-Medaille der Stadt Seesen
ab 2001
Professur für Klarinette an der Hochschule für Musik Freiburg i. Br.
2002
Schneider-Schott-Musikpreis Mainz
Hindemith-Preis des Landes Schleswig-Holstein
2003
Förderpreis der Ernst-von-Siemens-Musikstiftung
Ehrenpreis der Münchener Opern-Festspiele
"Das Gesicht im Spiegel" wird von der Zeitschrift Opernwelt zur wichtigsten Uraufführung der Spielzeit 2003/04 gewählt
2004
Arnold-Schönberg-Preis des Schönberg-Centers Wien und des Deutschen Symphonie Orchesters Berlin
2005
Ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste München
2006
Kompositionspreis des SWR-Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg für "Zweites Labyrinth" (Donaueschinger Musiktage)
Claudio-Abbado-Preis der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker
2007
Musikpreis der Christoph und Stephan Kaske-Stiftung
2008
Arbeitsaufenthalt in Dubai, gefördert vom Siemens Arts Program
2009
Elise L. Stoeger Prize der Lincoln Center Chamber Music Society, New York
2010
Verleihung der Marsilius-Medaille der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
2013
Musikpreis des "Heidelberger Frühling"
Deutscher Musikautorenpreis der GEMA in der Kategorie Sinfonik
Premio una vita nella musica giovani in der Kategorie Komposition
2014
Composer & Artist in Residence beim Rheingau Musikfestival
2015
Komponistenporträt des Philharmonischen Staatsorchesters Mainz
2016
Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz
2017
Chefdirigent des Irish Chamber Orchestra
Professor für Komposition an der Barenboim-Said Akademie Berlin
2018
Robert Schumann-Preis für Musik und Dichtung der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz
Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst
2019
Richard and Barbara Debs Composer's Chair at Carnegie Hall
OPUS KLASSIK als "Komponist des Jahres" für das Oratorium ARCHE
2021
Musikpreis der Stadt München
Würth-Preis der Jeunesses Musicales Deutschland
2023
Ehrendoktorwürde der Universität Limerick
Bach-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg
Composer in Residence der Berliner Philharmoniker 2023/2024
Associated Conductor des Münchener Kammerorchesters
Erster Gastdirigent der NDR Radiophilharmonie
2024
Mitglied der Königlich Schwedischen Musikakademie in Stockholm
2025
Präsident der Internationalen Max Reger Gesellschaft